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Frey | Alfred
Alfred Frey 1910 - 1944
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Alfred, Gerhard, Theresia Frey
Bild: 70. Geburtstag Franziska Knell, 1939 |
Briefe von der Front
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Alfred Frey |
... fiel für Führer und Heimat. In tiefer
stolzer Trauer ... |
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Ich habe meinen Großvater nie kennengelernt.
Er starb 1944 in Polen. Erschossen von einem Partisanen.
Dafür, dass
im Naziregime ein Menschenleben nicht viel galt, bin ich
erstaunt darüber, wie gut man die Beerdigung, das Grab
und die Heldenehrung fotografisch für die Angehörigen
dokumentiert hat.
Als Kind
hörte ich seine Witwe (meine Omi) immer sagen: "Wenn
er heimgekommen wäre, würde alles anders sein." Damals
war ich sogar froh, dass es so war, dachte ich doch: Wäre
mein Opa zurückgekommen aus dem Krieg, wären wir in
Hollabrunn geblieben, dann hätte
meine Mutter nie meinen Vater kennengelernt. Ich wäre
nicht geboren worden .....
Erst durch die Briefe wurde mir bewußt, welch
große Liebesgeschichte meine Großeltern miteinander verband.
Gleichzeitig kam mir mein Großvater auf einmal sehr nahe,
wurde "lebendig" (von ihm wurde nie viel gesprochen,
vielleicht, weil es zu schmerzhaft für alle war) und ich
bin jetzt sehr, sehr traurig, dass er hat sterben müssen. |
Grabstätte in Polen |
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Mein Großvater war Gendarm. Geboren
in Rohrbach, war seine Dienststelle in Sonnberg. Mit dem
Hitlerregime wurde er in die Schutzpolizei (Schupo) übernommen,
diente im Pol. Reg. 25 als Funker, und starb in am 4. Juni
1944 in Polen,
Krasnystaw.
Er befand sich im 35. Lebensjahr, die Geburt
seines dritten Kindes hatte er noch schriftlich erfahren
dürfen und seinen Namen mit Rüdiger-Hartwig festgelegt.
Gesehen hat er ihn nicht mehr.
Meiner Omi hat man seinen Tod gar nicht gleich
mitgeteilt, denn ihr Baby war erst wenige Monate alt und
brauchte unbedingt die Muttermilch, die dann bei der
Todesnachricht auch augenblicklich versiegte. Omi erzählte
mir: "Von einem Tag auf den anderen war die Milch weg. Das
kann man sich gar nicht vorstellen!" |
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Alfred als Funker in Polen |
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Begräbnis Alfred Frey in Polen |
Begräbnis Alfred Frey in Polen |
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Alfreds Briefe
von der Front
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Mein liebes Weibi! Heute
Deinen lieben Brief Nr. 18 erhalten...(7. Mai 1943) |
Im Nachlass meiner Omi befanden sich mehrere Briefes ihres
Mannes, die er von der Front geschrieben hatte.
Genaugenommen
war er in Polen hinter der Front eingesetzt gewesen, hatte
dort einen fixen Dienststandort. Zitat: "
4 ½ Jahre sitze ich schon in diesem Kaff und wie
lange werde ich es noch?". Meine Großmutter
hatte auch die Gelegenheit, ihn in Polen für einige
Wochen lang zu besuchen.
Die Briefe beginnen fast immer mit "Mein
Weibi!" und enden
mit "sei recht herzlich und innig gegrüßt und
geküsst von Deinem dich liebenden Zigeuner Fredl" und "Viele
Grüße und Küsse an unsere lieben Kinder" und
"Grüße an alle". |
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Omi beim Brief schreiben (Theresia Frey) |
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Die Liebe |
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Da denke ich gerade an Kiblitz, kannst Dich noch erinnern,
wie wir zusammen am Kirchweihfest dort waren und dann in
den Wald gefahren sind?
Hätte ich mir dort träumen
lassen, dass Du einmal meine Frau wirst? Weibi, dort hätte
ich schon eine solche Sehnsucht nach Deinen Küssen gehabt,
ich war zu schüchtern dazu.
Gelt, und dann ist so eine
Zeit gekommen, wo wir uns nicht gesehen oder überhaupt
an diese Zeit gedacht hatten. Bis wir uns endlich nach langen
Jahren wieder trafen, sahen wir alles ganz anders.
Nun kam der Kampf, welchen wir mit Liebe und den Glauben
an unser gegenseitiges Vertrauen für unsere Zukunft
mit einem Sieg für uns entschieden wurde.
Lange währte
es aber nicht. Nach kurzem Beisammensein kam wieder eine
Trennung, dieses ist eine bittere und vollendet heuer das
vierte Jahr. |
Alfred und Theresia, Hochzeit 1938 |
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Muttertag |
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1942
Nun ist es schon der 5. Muttertag, dass ich dir danken
muss für unsere lieben Kinder. Weibi, zwei Muttertage
war ich bei dir, die anderen fern von der Heimat. Der erste war in
Sonnberg. Es war schön und Du hattest große Freude
als Gerhard und ich die ersten Feldblumen Dir brachten. Weibi,
es war der schönste Tag für Gerhard und mich, denn
die Freude, welche Du mit den einfachen Feldblumen hattest,
leuchtete Dir aus Deinen Augen. 1939 war er auch sehr schön
und du warst voller Hoffnung mir ein zweites Kind zu schenken.
Weibi, ich war stolz auf dich (was ich auch heute bin) und
den Muttertag von 40, 41, und auch den von 42 kann ich
nicht mit den Kindern und Dir verbringen.
Ja Weibi, es ist ein großes Glück Kinder zu haben,
denn dieses ist das einzige was euch niemand auf der Welt streitig
machen kann. Weibi ich danke dir an diesem Tag für unsere
beiden Lieblinge und das Glück was Du mir dadurch gemacht
hast. |
Gerhard *1937, Brunhilde *1939 |
1944 |
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Weibi, hoffentlich bringt uns dieses Jahr eine Entscheidung.
Gott gebe es. Weißt, man kann schon verzweifeln wie
alles ist, und doch dürfen wir es nicht, es ist ja unsere
Heimat, die was alles unser wertvollstes Gut birgt.
Wir können
und dürfen nicht weg von hier und mag es noch so hart
sein für alle. Weibi, gerne wäre ich zu Hause
bei dir und den Kindern, dir helfen mit den Kindern spielen,
wie schön wäre es. Hier hat man nichts.
4 ½ Jahre
sitze ich schon in diesem Kaff und wie lange werde ich es
noch? Weibi, wird der Krieg aus sein, dann kommt ihr im Sommer
zu mir, im Herbst geht es dann wieder nach Hause. Wünsche
dir zum Muttertag alles Gute, bleibe uns gesund und die
Kinder sollen dir recht viel Freude machen und dass der
Krieg bald zu Ende wird, damit ich bei dir und dir überall
behilflich sein kann. |
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Kinderglück |
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- Weibi, hab recht herzlichen Dank für unseren ersten
Jungen Gerhard, der hat bald seinen Geburtstag, am 15. Weibi,
ich danke dir recht herzlich für ihn, er ist und wird
unser Stolz bleiben der kleine Lauser.
- Weibi, ich freue mich ja so, dass ich ein solches Weibi
gefunden hab, die so auf die Kinder schaut. Wenn sie uns
nur gesund erhalten bleiben. Gott gebe es, gelt. Sie sind
ja doch mit Dir mein höchstes Gut und würde mich
schwer treffen, wenn ich eines von Euch Dreien missen müsste. - Weibi, schau mir auf Dich und die Kinder, damit ihr gesund
bleibt. Wache mir über sie. Weibi, weißt, so wie
ich dich liebe, sollen dich auch immer unsere Kinder lieben.
Meine größte Freude ist Dich und die Kinder glücklich,
gesund und freudig zu sehen, darum mein liebes Weibe habe
ich alles was ich hier auf der Welt verlange, denn dann bin
auch ich glücklich und zufrieden.
- Weibi, auch ich strebe nicht nach Reichtümern. Mein
ganzes was ich erstreben will, ist für Dich und unsere
Kinder ein eigenes Heim, wo ich Dich als mein Kleinod hüten
kann und niemand etwas zu sagen hat als Du und ich.
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Theresia mit Gerhard |
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- Die Kinder werden wir soweit es in unseren Kräften
ist unterstützen, damit sie tüchtig in ihrem Beruf
und glücklich mit ihrer Familie werden. Weibi, dann
können wir noch von dem Glück unserer Kinder zehren.
- Weibi, mag diese Trennung und der Kampf zum Sieg noch
so schwer sein, eine Freude habe ich ja doch in meinem Herzen.
Unsere Kinder, das teuerste und unser wertvollstes Gut an
den wir beide mit Hingabe und aller Kraft unseres Lebens
hängen, befindet sich bei Dir in guter und treuer Obhut.
Es kann nur einer haben, der auf seine Liebe auf die Kameradin
seines Lebens vertrauen kann, denn diese wird auch das höchste
Gut ihrer Liebe bewahren. |
Gerhard und Brunhilde |
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Festtage |
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Ostern 44
Liebe Kinder, der Osterhaste hat jetzt nicht mehr
viel, da schon lange Krieg ist und Papa nicht bei euch
sein kann. Ist der Krieg einmal aus, dann werde ich auch
nach Hause kommen.
Diese Zeit werde ich auch noch erwarten, so
lange als ich jetzt schon fort bin, kann es doch nicht mehr
dauern. Gelt Kinder, dann fangen wir uns einen schönen
Osterhasen mit recht viel Eier, Küken, Zuckerln und
mit anderen vielen Sachen. Nun liebe Kinder, seid recht schön
brav und folgt Mutti. Es grüßt und küsst
euch recht herzlich euer Papa
Pfingsten 43 Wie habt ihr Pfingsten verbracht? Sonntag hatte ich Dienst
und Montag, da war es sehr schön. Habe auch mein Heimweh
etwas beruhigt, nämlich um fünf Uhr bin ich schon
mit dem Gewehr fort zu einem Teich, habe vier Wasserhühner,
zwei Enten und eine Schnepfe geschossen.
Bekommen habe ich nur
ein Wasserhuhn, alles andere ist ins Schilf gefallen und
war nicht mehr zu finden. Hatte mit einem Kahn gesucht, konnte
aber im Schilf nicht weiter, weil es zu dicht war. |
Theresia, Gerhard, Brunhilde |
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Sylvester 41
Nun ist es bald 24 Uhr und das Neue Jahr hält Einzug.
Du wirst schon schlafen oder feierst noch Sylvester. Ich
weiß nicht, was Du machst.... Na mach es Dir nur gemütlich.
Wie glücklich
sind da die Kinder, die schlafen vom Alten ins Neue Jahr
und wissen nicht, was es bedeutet. Vielleicht ist der Husten
schon besser, ich wünsche unseren zwei Pinkerln, dass
sie recht gut und gesund ins Neue Jahr schlafen und dass
du nicht oft aufstehen musst wegen den Kindern. Na, wenn
der Husten schon besser ist, schlafen unsere lieben Pinkerln
schon durch.
Dir mein liebes Weibi wünsche ich auch
noch alles Gute zur Jahreswende und bleibe mir gesund und
treu. Weibi, dies wird mein ewiger Wunsch zu Weihnacht und
auch zu Sylvester sein, denn dies ist mein Glück was
ich habe. Sonst bin ich zufrieden und an diesem Glück
und Frieden sollen unsere lieben Kinder groß werden,
sie sollen so werden wie wir glücklich sind in unserer
Liebe. |
Theresia, Gerhard, Brunhilde |
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Treue |
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Weibi, wie leicht hätte ich es hier einen Ersatz für
dich zu finden. Mühe bräuchte ich mir gar nicht geben,
denn durch andere ist mir schon oft gesagt worden, ich solle
dort und dort in dieser Zeit hinkommen.
Oft dachte ich mir,
heute gehst du hin und am Weg bist du mir immer mit den Kindern
begegnet. Weibi, ich kann dir gar nicht schreiben, wie elend
mir da zumute war - Dich an einer anderen zu verraten!
Und
ich bin sehr, sehr dankbar, dass mir dieses Bild immer begegnet
ist, denn ich hab dich ja nur aus Liebe geheiratet und da
will ich nicht meine Liebe zu dir verraten. Ich suche da
Ablenkung mit allerhand Zeitvertreib.
Leider wird das Jagen
für
mich eine Leidenschaft werden, denn da finde ich meine schönste
Ruhe in der Natur. |
Theresia, Gerhard, Brunhilde |
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Eifersucht |
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Weibi, was hattest du nur wie ich im Urlaub war? Ich hab
dich öfter beobachtet als du es nicht merktest, da warst
du mit deinen Gedanken ganz abwesend, ja manchmal schien
es, als ob dir alles zu eng sein würde. Manchmal schien
es mir so, als wenn du sagen wolltest: Geh mit den Kindern
fort, ich will allein sein.
Weißt, ich wollte es dir schon
sagen, aber dann dachte ich mir, ich tu dir Unrecht und das
wollte ich nicht, da ich ja nur einige Tage bei dir bin. Weibi,
es kann auch sein, dass ich unrecht habe.
Liebling, aber du
siehst wie sehr ich an dir hänge und weshalb ich auch
so misstraurisch bin, denn du solltest nur für mich
und die Kinder dasein. |
Theresia |
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Heimweh |
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- Weibi, ich habe mir ein Fahrrad gekauft und bin gestern
damit einmal ins Freie, so ca. 3 km von der Stadt weg gefahren,
da ist ein Teich.
Du wirst ihn vielleicht
kennen, neben der Straße nach Isbiza. Dort setzte ich
mich auf den Abhang und habe an dich und die Kinder gedacht,
wie mir zumute war, kannst Dir vielleicht denken. Was hilft
das alles, es ändert sich nichts an der Wahrheit.
Krieg
ist nicht Frieden, und so riss ich mich von den Gedanken
los und betrachtete die Natur. Die Fische sprangen im Wasser
und die Enten schwammen mit ihren Jungen vergnügt
umher und suchten etwas für ihren Magen. Diese Ruhe
hatte ich mit vollen Zügen genossen, es ist nur schade
gewesen, das es so schnell Abend wurde.
Jetzt möchte
ich mit Dir und den Kindern so durch den heimatlichen Wald
wandern. Wie schön sind doch unsere Wälder und
Berge. Kein Vergleich mit hier, alles kommt einen so traut
und heimatlich vor, von diesen oder jenen Hügel sieht
man weit in das Land, kennt Berge, Städte und Dörfer.
Auch den Wald, wo man mit seiner Liebe zum ersten Mal gewandert
ist. |
Alfred in Sonnberg |
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- Weibi, ich weiß nicht, wie mir ist, ich habe jetzt
immer das Bedürfnis dir zu schreiben. Ist ein Brief
fertig und verschlossen, so könnte ich dir schon wieder
schreiben.
Sag, kannst du mir das erklären? Ich habe dir schon einmal
sehr oft geschrieben, aber diesmal könnte ich einen ganzen
Tag schreiben und würde es mich nicht irre werden dabei.
Ich schreibe dir jetzt sehr oft und werde manchen Tag zwei
Briefe schreiben. |
Alfreds Wohnhaus in Hollabrunn |
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- Weibi, ich hatte wieder einmal eine schwere Krankheit,
wo mich alles verdrossen hat, sogar das Schreiben. Weinen,
das wäre mir das Liebste gewesen.
Jetzt bin ich doch schon
einige Jahre fort und bin es schon gewöhnt, aber Heimweh
hatte ich noch nicht so stark wie dieses Mal und noch bin ich
nicht über den Berg.
Weibi, ich kann Dir gar nicht schreiben,
wie mir zumute ist. Alles ist wund, ich sehne mich so nach
ein wenig Liebe von Dir und von den Kindern. Was soll ich
hier machen?
Im Lazarett war eine Schwester, die war sehr
gut, ruhig, und doch lustig hat sie mir so wohl getan, mit
ihrem Humor, aber was ist das alles auf eine große
Wunde. Heimweh ist wohl die schwerste Krankheit.
- Jetzt zieht es mich immer mehr zum Jagen, ich könnte
jede freie Stunde gehen. Es gibt nichts Schöneres als
in der Natur zu sein. Da vergisst man so viel und mancher Schmerz
wird da durch die Schönheiten der Natur leichter zu ertragen. |
Alfred als Gendarm in Sonnberg |
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- Weißt, heute habe ich einmal wieder eine ganz
große
Stimmung, wenn es etwas nützen würde, so würde
ich mich betrinken. Diese Freude erleben sie aber bei mir
nicht. Da müsste ich Dich und die Kinder nicht haben.
- Ja Weibi, mir wäre es auch lieber, wenn wir beisammen
sein könnten. Es nützt alles nichts, wir müssen
schon durchhalten. |
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Urlaub |
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- Weibi, ja richtig: wegen meine Ski ..? mir, ich denke
alle Tage nach, wo die sein können, ich kann mich aber
gar nicht erinnern, wo ich sie hingegeben habe. Verschenkt
haben wir sie nicht, sonst würden die Stöcke nicht
hier und in Sonnberg können sie auch nicht sein, denn
die Stöcke waren mit den Skiern zusammen.
Wenn ich im
Urlaub komme müssen wir mitsammen nachdenken, wo sie
geblieben sind. Die Bindungen von den Skiern müssten
da sein, haben wir sie nicht hergeborgt? Am Boden sind sie
nicht, denn da hab ich schon nachgesehen, weil du mich immer
gefragt hast, wo meine Ski sind. Na da reden wir dann, wenn
ich komme.
Jetzt mach ich einen Spaziergang, da die Sonne
so schön warum ist. Vielleicht schreibe ich dir heute
noch einen Brief, wenn nicht, dann morgen.
- Weißt, es ist schwer nur einmal im Jahr auf Urlaub
zu fahren. Ich glaube, die wollen uns zwingen, damit wir
unsere Familie hernehmen sollen. Die Zeiten sind nicht danach
und wäre zu schade um Euch. Es haben ja einige ihre
Familie hier, und denke mir, warum soll gerade uns etwas
passieren, da müsste es ja den anderen auch so ergehen.
Na, darüber sprechen wir ein anderes Mal. Weibi,
weißt, dass ich mir doch manchmal einen Gedanken
mache, weil ich geheiratet habe. Da denke ich mir oft, da
läuft und läuft man, dass man einen Kameraden fürs
Leben findet und bindet dann so ein Dirndl an sich und auf
einmal kommt etwas daher, wo man sich ein ganzes Jahr nicht
sieht
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- Wie der Urlaub früher war, da ging es ja noch,
hat man doch öfter seine Lieben gesehen und ist einige
Tage glücklich bei Frau und Kind gewesen und hat man
die Zeit leichter verschmerzen können.
Jetzt ist es anders. 14 + 2 gibt 16 Tage, also 16 Tage,
davon noch 4 zur Fahrt, bleiben 12. Aber in einem Jahr 12
Tage bei Frau und Kind und da soll man noch so dumm sein
und der Frau noch ein Kind machen? Die sind wohl nicht ganz
hell. Die sollen selber erst schauen, dass sie so ein halbes
Dutzend bekommen, denn sie haben mehr Geld und Zeit dazu,
als wir arme Schlucker.
Sehe ich in den Kasten nichts ist drinnen als Lumpen und
muss jedes Mal flicken, wenn ich was anziehen soll, da lachen
sie mich immer aus. Bis zum nächsten Urlaub muss ich
aushalten. Jetzt hab ich ein Hemd an, das nicht mehr zum
Flicken noch zu etwas anderem zu gebrauchen. Es zerfällt
schon ganz. |
Theresia mit Kindern |
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Besuch in Krasnystaw |
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(Brief an den Schwager Alfred, genannt Fredy)
Fredy weißt,
es ist nichts immer allein zu sein, man hat so nichts vom
Leben und die paar Tage will man doch mit seinen Lieben verbringen.
Ich bin zu lange fort und dass ich auch was habe von Reserl
und den Kindern, habe ich sie mir alle mitgenommen und bin
auch glücklich
gelandet hier.
Wir haben es sehr idyllisch. Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche
alles in einem. Einen elektrischen Kocher, einige Teller und
einige Töpfe. Also mit einem Wort wir haben alles und
nichts.
Gerhard schläft in einem Bett, Mutti und Bruni zusammen
auf einem breiten Diwan und ich auch allein in einem Bett auf
dem Strohsack. Also alle schlafen wir sehr gut. Mutti hat sehr
viel Arbeit, die Kinder spielen sich bei mir oder sind zu Hause
bei Mutti im Garten, welcher sehr groß ist. Weißt
was wir hier genug haben? Flöhe. Die beißen die Kinder
sehr stark, es ist eine Plage für die Kinder.
Gerhard geht hier in die Schule, ist aber nicht viel wert.
Fredy, es ist wirklich ein Vergnügen gewesen für
mich mit meinen Lieben zu reisen. Weißt, Reserl sagt
da nichts, sie ist ganz ruhig und befolgt alles so schön,
was man ihr sagt und da ist es nicht schwer.
Lieber Fredy, jetzt habe ich dir alles geschrieben, was du wissen wolltest.
Wir sind gesund und es geht auch meinen Lieben gut. |
Papa schreibt Sohn Gerhard |
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Krieg |
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1942
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- Es ist nicht gefährlich, aber es gibt hier viele
Russen, welche aus dem Gefangenenlager geflüchtet sind
und diese treiben sich in der Gegend herum, machen Überfälle
und stehlen wie die Raben.
Wir haben in unserem Kreis zwei
oder drei Ukrainer, die sind keine Guten oder sonst etwas,
sondern ganz gemeine Räuber und Kommunisten. Die helfen
diesen Russen, wo sie nur können.
Die schlechtesten
Polen sind gute Leute gegen diese Ukrainer. Na, die warten
auch so lange, bis der Topf überläuft und wenn
dann diese Orte verschwinden, dann ist es wieder ruhig.
- Ja, die Küche bin ich noch nicht los, muss noch diesen
Schmarrn machen, hoffentlich bringe ich sie weg. Wenn ihr hier
seid, dann wäre es sehr gut, wenn ich die Küche hätte,
denn da würden wir nicht erst bitten und fragen müssen,
ob wir dieses und jenes haben können. Da wird es genommen,
wenn es da ist, ein Zettel geschrieben und bezahlt. Beleg und
Geld ist dann hier verbucht. |
Alfred als Funker in Polen |
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1943 |
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- Jetzt könnte der Krieg schon ein Ende nehmen, es
ist keine Aussicht auf ein Ende und nachgeben dürfen
wir auch nicht, sonst ist alles verloren. Na, lassen wir
das, dies liegt alles in Führers Hand und der wird schon
wissen, was er für sein Volk machen muss.
- Dir konnte ich es nicht schreiben, das Papier ist zwar
geduldig, aber die Briefe kommen nicht alle verschlossen
an. Na Liebling, wenn du zu mir kommst, dann können
wir uns so nach Herzenslust aussprechen. |
Schrift 1943 |
1944 |
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- Kann denn dieser Krieg kein Ende nehmen oder sind wir
dazu auserkoren hier zugrunde zu gehen? Na, wenn es schon
sein muss, dann kann man auch nichts machen. Irgendwo muss
ein großer
Fehler sein, sonst gibt es das nicht, dass wir so tief sinken
können mit unserem Kriegsglück. Na, sei es wie
es sei, einmal muss es anders werden.
- Diese Woche war es schlecht: 4 Gendarmen und 5 polnische
Polizisten mussten an einem Tag ihr Leben lassen. Durch einen
feigen Überfall
auf der Straße. Wäre es in einem Kampf gewesen,
so würden sie sich durchgeschlagen haben. |
Schrift 1944 |
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Klimek und ein Soldat waren leicht verwundet, fielen vom
Auto und wurden dann von den Polen hundsgemein erschlagen,
ausgezogen und in den Bach geworfen. So handeln die Polen.
Widerstandsbewegung. Sie haben auch Grund dazu. Na ist ja
gleich wie es ist, es ist nur schade um so gutes Menschenmaterial.
- Die Bahnverbindung fällt schon geraume Zeit aus.
Die Banden sind zur Genüge vorhanden. Straße und
Bahn unsicher, Fliegeralarm ist auch öfter. Heute Nacht
haben sie uns mit vier Stück 250 kg beehrt. Gut, sie
sind daneben gegangen. Drei Stunden früher und von uns
wie von der Ortskommandatur - die wären einmal gewesen.
Post kommt sehr schlecht, fast keine. Einen Umsiedlerzug
haben sie gesprengt, hatten Tote und Verwundete. Also was
willst noch mehr haben? Wir haben alles was uns so manche
gerne wünschen: Noch leben wir.
- Ja, die Post kommt mal wieder nicht, d.h. die Post hat
nicht Schuld, die Bahn auch nicht, denn der haben sie die
Füße
verwundet und kann daher nicht fahren. Wenn alles geheilt
ist, geht es wieder zwei oder drei Tage und es geht von vorne
wieder los. Na kann man nichts machen. Krieg ist Krieg.
- Die Flieger besuchen aus fast jeden Tag. Zwar werfen sie
nichts, aber abspringen tun immer welche |
Zeichnung, Krakau, 1942 |
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Ende |
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Weibi, wie geht es Dir und dem Jungen? Es muss etwas nicht
in Ordnung sein, sonst hättest Du schon geschrieben.
Hast du einen Grund oder bist Du mir böse? Weibi, Du
musst viel mitmachen wegen mir, sehe ich ein und mit der
Entbindung auch. Bitte verzeih mir und ich danke dir auch
für alles, für deine Liebe und die Kinder.
Und hab nochmals recht herzlichen Dank für alles. Wie
es in nächster Zeit bei uns wird, weiß niemand.
Sollte uns in nächster Zeit etwas zustoßen, was
ich zwar kaum glaube, dann kann ich wenigstens mit richtigem
Gewissen gehen, da ich mich bei Dir entschuldigt und Dir für
die Liebe was Du mir gabst, bedankt habe.
Weibi, ist bei der Entbindung nicht alles glatt gegangen oder
ist sonst etwas los mit Dir? Ich bin in Sorge. Bin ich schuld,
dann schreibe es, ich will wissen, wie es Dir, dem Jungen und
Gerhard und Bruni geht. (April 44) |
Rüdiger, *13. April 1944 |
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"So, nun mache ich Schluss. Es grüßt
und küßt dich recht herzlich Dein Dich liebender Zigeuner
Fredl" |
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Muttertagsbrief, Mai 1944 |
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Mein Großvater Alfred Frey starb
am 4. Juni 1944.
Bild: Heldenehrung Juni 1944, Hollabrunn (?) |
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