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Home | Altstadt | Mittelalter | Teil 7

 Alltag im Mittelalter - Blutgassenviertel

Ernährung        Hygiene        Mode

Kleiner Blutgassenhof, Blick zum Dom

Keller und Dächer

Dieses aus einigen Höfen und engen Gassen bestehende Viertel, benannt nach der dort verlaufenden Blutgasse, wurde in der 2. Hälfte des 20. Jhd. generalsaniert und gehört sicher zu den romantischsten Fleckchen der Stadt.

Beim Durchspazieren trifft man hier auf viele Kellerabgänge und Kellertore. In den Kellern wurde nicht nur die Handelsware Wein gelagert, sondern auch Gemüse (außerhalb der Stadt in eigenen Erdgruben).

Gemüse gab es wenig, und wenn, dann nur in der Saison. Der mittelalterliche Mensch ernährte sich also hauptsächlich von Brot, Wein und Fleisch. Beliebt war vor allem Zwiebel, nicht nur weil er Geschmacksträger ist, sondern man auch an seine potentzfördernde Wirkung glaubte. 

Kleiner Blutgassenhof mit Kellerabgängen

Sonst aß man Wildgemüse in Breiform wie Sauerampfer und Löwenzahn. Tee, Kaffee, Erdäpfel, Kukuruz, Paradeiser, Gurken sowie eine Vielzahl an Gemüsen waren unbekannt, ebenso wie all jene Gewürze, die aus der Neuen Welt stammten.

Und gewürzt wurde im Mittelalter so stark, dass oft der Eigengeschmack der Speisen überdeckt wurde - auch ein Grund für den hohen Weinkonsum, bzw. den hohen Salzverbrauch (eingelegte Heringe). 

Und mit dem Gewürzhandel wurden manche Händler sehr reich: "Reich wie ein Pfeffersack", was auch auf den hohen Wert der Gewürze hinweist.

   Klosterkeller

In den Kellern wurde aber auch in Zisternen Wasser gesammelt, die durch steinerne Rinnen von der Oberfläche aus gefüllt wurden. 

Die Dachrinnen waren eine Erfindung des 13. Jh. und ermöglichten es, das wichtige, weil "weiche" Regenwasser aufzufangen und abzuleiten. 
In Wien erfahren wir erstmals 1335 von Dachrinnen im Zusammenhang mit Streitigkeiten wegen der Ableitung des Regenwassers, denn das Recht, Wasser aus den Dachrinnen zu nutzen, konnte auch verkauft werden.

So bezahlte die Stadt Wien im Jahre 1455 an den Verweser des Bürgerspitals 20 Pfund Pfennige für das Recht, auf dem neuen Mehlspeicher ein Ziegeldach und eine Dachrinne anbringen zu dürfen.

Kellerabgang

Hygiene

Blutgasse; früher wurden die Straßennamen direkt auf die Hauswand gemalt

Der Name "Plutgessel" scheint erstmals um 1550 auf. Welchem Umstand die Blutgasse ihren Bezeichnung verdankt, ist bis heute nicht sichergestellt. Die Version, dass 1312 die Templer im angrenzenden Fähnrichshof erschlagen worden seien und das hiebei vergossene Blut der Gasse ihren Namen gegeben habe, ist von Forschern als Legende entlarvt worden.

Die Blutgasse führte um 1400 den Namen Kothgässl.
Die mittelalterlichen Toiletten Wiens waren vorwiegend in den Innenhöfen der Häuser angelegte Klogruben.

Man grub meist 2 - 8 Meter tiefe Gruben nebeneinander aus und überdeckte sie mit einem Querbalken oder einem Toilettensitz.
War eine Grube voll, konnte man sie dekompostieren und benutzte inzwischen die andere.

Ab dem 13. Jhd. umgab man den Toilettensitz mit geschlossenen Wänden. Damit war ein kleines Haus entstanden, das die Wiener Mundart als Häusl bezeichnet(e).

   Blutgasse gegen Süden

 

Eine andere Variante war der Toilettenerker, durch den die Exkremente direkt auf die Straße, in den Garten oder in den Hof fielen, oder Abortanlagen, bei denen der Toilettensitz durch eine Röhre mit einem unterirdischen Kasten verbunden war.

Da der Weg zu diesen Toiletten oft weit war, gehörte der Nachttopf zum unverzichtbaren Inventar des Schlafzimmers. Toilettenkästen wurden lediglich einmal pro Jahr von unehrlichen Personen geleert. Vorgesehen war, die Exkremente in Flüssen oder Bächen zu entsorgen.

Es gab aber immer wieder Beschwerden, dass der Kot ganz einfach auf den Straßen hinterlassen werde, um den Transport zum nächsten Bach zu sparen.

In mittelalterlichen Toiletten wurden unterschiedliche Säuberungsmittel gefunden. Heu, Blätter, Mooszöpfe bis zu auswaschbaren Leinentüchern. Die vielen kleinen Tonkrüge, die man in den Klogruben entdeckte, deuten darauf hin, dass manche die moslemische Methode vorgezogen haben. Oder es handelt sich um Urinale, in denen man Urin sammelte, welches man zum Beizen verwendete.

   mittelalterlicher Abort

Die Exkremente vermischten sich auf der Straße nicht nur mit dem Straßenschmutz, sondern auch mit den Ausscheidungen vieler Tiere: Pferde, Schweine (ernährten sich von Exkrementen und trugen so zur Verbreitung von Parasiten bei), Ziegen, Hühner, Hunde usw. 

Es gab keine öffentliche Toiletten, und es galt im Mittelalter durchaus nicht als unstatthaft, seine Notdurft in aller Öffentlichkeit zu verrichten. Dazu kamen noch die Gewerbeabfälle und der Hausabfall.

Manchmal wurde der Mist aus der Stadt transportiert und auf der Freyung gesammelt, und anschließend vor den Mauern abgeladen.  Smog gab es auch im Mittelalter schon: durch das Viertel der Töpfer, wo eine große Anzahl von Töpferöfen im Norden der Stadt gelegen war. Schmiedeessen, Backstuben, Herde sorgten für dichten Rauch.

   Kotgässel


Blutgasse, Stiegenhaus; 
eingelassener Handlauf und Fußabstreifer

Um nicht den Straßenschmutz in die Wohnungen zu tragen, waren in den engen Stiegenhäusern (Wendeltreppen, Handläufe in die Mauer eingelassen) Fußabstreifer am Beginn der Stufen angebracht.


In Paris wurden die Straßen bereits ab 1200 gepflastert, in Wien kamen lediglich die Hauptdurchzugsstraßen in den Genuss dieser Maßnahme, und auch nicht vor 1300. 
Steckenbleiben im Morast galt als Entschuldigung für Zuspätkommen, so wie heute der Verkehrsstau.

   Fußabstreifer

Um die teuren Schuhe vor dem Dreck und Schlamm der mittelalterlichen Straßen zu schützen, gab es zusätzlich noch die Trippen, aus Holz gefertigte Unterschuhe, die unter ihrer Sohle häufig zwei absatzartige Verstärkungen aufwiesen.

Die Trippen, die unter den eigentlichen Schuhen getragen wurden, konnten durch Lederriemen am Fuß befestigt werden. 

Trippen ließen bei ihren Trägern oder Trägerinnen jedoch nur einen trippelnden Gang - wie bei den Chinesinnen bis zu Beginn des 20. Jhs. oder traditionsbewussten Japanerinnen - zu.

   Trippen (Überschuhe)

Mode

Bei den Adligen dagegen wurde im 12. Jh. eine neue Schuhform "hochmodern": der Schnabelschuh. Angeblich soll ein französischer Graf diese Schuhform erfunden haben, um seine deformierten Füße in ihnen verbergen zu können.


Eine absolut neue Erfindung war der Schnabelschuh jedoch nicht. Diese Schuhform wurde schon seit langem im Orient getragen. Wahrscheinlich gelangte er mit anderen morgenländischen Kulturgütern durch die Kreuzzüge nach Europa.

   neue Mode: Schnabelschuh

Neu an den "abendländischen" Schnabelschuhen war nur, dass zum erstenmal ein rechter und ein linker Schuh unterschieden werden konnte. Diese Unterscheidung gab es bei den mittelalterlichen Schuhen bisher noch nicht! Als besonders "schick" hielt man ein unterschiedlich gefärbtes Paar.

Zunächst war der Schnabelschuh nur dem Adel vorbehalten, aber schon bald wurde er auch von Patriziern, von Geistlichen, sogar von Handwerkern, Knechten und Bauern getragen.

Gefertigt wurden sie in den Materialien Leder oder Samt. Die Spitzen wurden mit den Zubereitungsabfällen von Flachs, Hanf usw., ausgestopft. Kostbare Schnabelschuhe wurden zusätzlich noch mit Perlen oder Goldstücken verziert.


Ja das Gehen mit Schnabelschuhen hatte so seine Tücken! Auch die Zivilbevölkerung konnte davon ein Lied singen! Um beim etwas schnelleren Vorwärtsschreiten nicht ständig über die eigenen Füße zu fallen, halfen sich pfiffige Leute, indem sie die Spitzen ihrer Schuhe mittels eines Kettchens am Knie "hochbanden".

Selbst die Ritter konnten auf ihre eisernen Schnabelschuhe nicht verzichten. Die eisernen Spitzen, die erst nach dem Aufsitzen zu Pferde angesteckt wurden, mussten beim Gehen oder Kämpfen jedoch entfernt werden, da man mit ihnen kaum vorwärts kam, geschweige denn fliehen konnte.

"Wüst an Spitz?" ist heute noch eine gefährliche Drohung!

   "Wüst an Spitz?"

Blutgassenviertel, Fähnrichshof

Bereits sehr früh wurde die Stadt unterteilt (Stubenviertel, Kärntnerviertel, Widmerviertel, Schottenviertel) und jedem Viertel, nach Berufsgruppen getrennt, eine eigene Wachmannschaft zugeteilt, die sich auf bestimmten Plätzen zu sammeln hatte.

In diesem Hof hier trafen sich die Fähnriche, daher der Name Fähnrichshof. Der Rat ernannte einen Viertelmeister der die jeweilige Truppe anführte.

Jeder männliche Bürger der Stadt hatte Wachdienst, Sicherheitsdienst und Kriegsdienst zu leisten. Man musste "mit der Stadt leiden" - im Gegensatz zu durchziehenden Kaufleuten. Ab 1500 wurden diese Pflichten gegen Geld an andere Personen abgetreten. 

   Der Rat ernennt die Viertelmeister

steile Kellertreppen, Fähnrichshof

Die Kellergewölbe unter den Häusern nehmen einige Stockwerke ein, und die Stiegen sind sehr steil angelegt. Der Bedarf an Speicher- und Lagerplatz stieg vor allem im 13. Jhd. an, als  der Babenberger Leopold VI. den Wienern 1221 das Stadtrecht verlieh, in dem auch das Stapelrecht festgehalten war.

Dieses Stapelrecht verpflichtete fremde (durchziehende) Kaufleute, ihre Waren in der Residenzstadt zu stapeln (auf bestimmte Zeit einzulagern) und während dieser Zeit hatten die Wiener Bürger das Vorkaufsrecht.

Fand der Kaufmann keinen Abnehmer, musste er die Ware nach Errichtung einer ziemlich hohen Ausfuhrgebühr wieder nach Hause führen, was beinahe einem Totalverlust gleichkam.

Am Ende der Frist gab es daher fast regelmäßig Panikverkäufe, die Wiener konnten bei stark herabgesetzten Preisen wertvolle Lagerbestände erstehen. 

Das roch zweifellos nach Erpressung, doch das neue Stapelrecht wurde, da Wien wegen seiner äußert günstigen geographischen Lage kaum zum umgehen war und der Herzog in den Nachbarländern ein hohes Ansehen genoss, lange nicht in Frage gestellt, höchstens gemildert, bis es 1517 schließlich aufgehoben wurde.

   Das Stapelrecht und der Weinhandel
   machten Wien reich

 

       

Wien im Mittelalter Index